Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Theologie - Historische Theologie, Kirchengeschichte, Note: 1,0, Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main, Sprache: Deutsch, Abstract: Allen Autorinnen und Autoren, weit über den deutschsprachigen Horizont hinaus, ist gemeinsam die Anerkennung Marguerites als eigenständige und selbstbewusste Denkerin und Theologin, die ihre Lehre konsequent bis in den Tod vertritt. Ihre starke Haltung gegenüber den Hierarchien ihrer Zeit, vor allem dem Bündnis von Kirche und Staat, wie es sich im Inquisitionsprozess darstellt, lässt sie als eine herausragende Frauengestalt im Gegenüber der von Männern diktierten Ordnung erscheinen. In der Regel wird sie als standhafte Frau interpretiert, die sich von den Männern ihrer Zeit nicht zum Schweigen bringen ließ. Ihr Leben und Sterben wird darum oft schablonenhaft dargestellt und durch den heute oft verklärenden oder verzerrenden Blick auf das Mittelalter verstellt. Umso interessanter ist eine Analyse ihres Werkes, das uns als einzig sichere und authentische Quelle ihren Motiven näher bringt. Ihre mystische Lehre, welche die Seele wieder zurückführt zu ihrem Ursprung in Gott und dabei alle Äußerlichkeiten, Strukturen und Bindungen hinter sich lässt und für nichtig erklärt, ist in einer sorgfältigen lateinischen Edition von Paul Verdeyen von 1986 im Corpus Christianorum enthalten und in viele neue Sprachen übersetzt und erläutert worden. Die Grundlagen für eine konsequente Erforschung des Mirouer sind somit gegeben. Immer noch unzureichend beantwortet ist die Frage nach Grund und Ursache für die mystische Lehre, die Marguerite auch mit den anderen Mystikerinnen ihrer Zeit verbindet. Im 13. Jahrhundert erfuhr die Mystik eine schlagartige Verbreitung in allen Gebieten des damaligen Deutschen Reiches, besonders aber entlang des unteren Rheins. Was allgemein als religiöser Aufbruch angesehen wird, kann aber durchaus als ein Ausbruch aus den Zwängen einer Gesellschaft gesehen werden, die sich gerade erst zu Lebzeiten Marguerites, also im Übergang vom Hoch- ins Spätmittelalter, ausformte.
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